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Das Haus am See

Posted by on 23. Juni 2011

Alles ging recht schnell nachdem wir in Irkutsk angekommen waren. Jemand rief uns den Namen der Insel im Baikalsee zu, die unser Ziel war, bot uns einen Preis der unter unseren Erwartungen lag, und schon wurden unsere Rucksäcke aufs Dach des Minibusses geschnürt und wir rauschten mit 12 anderen russischen Mitreisenden Richtung Baikalsee. Die Fahrtgeschwindigkeit musste jedoch schon bald erheblich gedrosselt werden, als die asphaltierte Strasse kurz nach der Abzweigung Richtung See zu Ende war und es über eine holprige Sandpiste weiterging. Was uns zusätzlich verlangsamte war, dass einige der Mitreisenden sowie der Fahrer selbst unterwegs private Geschäfte tätigten, und so holten wir in einem sibirischen Dorf einen Eimer Farbe ab, im nächsten fuhren wir Slalom um die Kühe um eine Rolle Linoleum zu kaufen etc. Irgendwann ca 5h später erhaschten wir endlich den ersten Blick auf den Baikalsee – tiefblau lag er vor uns. Eine kleine Fähre brachte uns auf die Insel Olchon, und nochmal gut durchgeschüttelt auf den Schotterstrassen der Insel erreichten wir das Dorf Chushir.
Zunächst checkten wir im grössten (und einzigen) Gästehaus ein, und trafen dort zum ersten Mal seit wir Moskau hinter uns gelassen hatten wieder ausländische Touristen, und beim Abendessen wurden die Geschichten ausgetauscht, die jeder auf den letzten 5000 Schienenkilometern erlebt hatte…

Im Minibus hatten wir Denis kennengelernt, der etwas Deutsch sprach und uns ein Gästezimmer in seinem Haus vermietete. Angetan von der Möglichkeit, bei einer sibirischen Familie unterzukommen, wechselten wir nach zwei Tagen unser Quartier und verbrachten den Rest der Woche im einem kleinen Holzhäuschen im Innenhof des Familienanwesens.

Die Insel Olchon ist als größte Insel im Baikalsee zwar seit ein paar Jahren ans Stromnetz angeschlossen, aber dennoch glich die Infrastruktur der eines Entwicklungslands. Es gibt keine aspaltierten Straßen, die Häuser sind einfache Holzhäuschen mit Plumpsklos im Garten. Es gibt kein fließendes Wasser, kein Abwassersystem und auch keine Lösung was mit dem Müll passiert (wie wir auf unserer Fahrradtour gesehen haben wirft man bisher einfach alles in den Wald). Tourismus ist bisher nur in Ansätzen vorhanden, aber scheint der Wirtschaftsszweig zu sein auf den die meisten Inselbewohner setzen: Überall hämmerte und sägte es, jeder schien in seinem Gärtchen grade eine Holzhütte zu bauen und Betten zu zimmern, um sich ein paar Rubel mit der Vermietung als Gästezimmer dazuzuverdienen.
Die Hauptbeschäftigung scheint Fischen zu sein, oder Minibusfahrer nach Irkutsk… Wir waren überrascht wie wenig Landwirtschaft betrieben wird – alles was wir sahen waren ein paar scheinbar wild grasende Kühe und Pferde. Das Leben scheint einfach und doch gleichzeitig so kompliziert. Man holt sich Milch von Nachbars Kuh, wäscht sich im Freien über seiner Waschschüssel, baut an seinem Holzhaus weiter, und versucht sich eine grossen Holzvorrat für den Winter zuzulegen. Im Sommer verbindet die Fähre die Insel mit dem Festland, im Winter kann man mit dem Auto (wenn man denn eins hat) übers Eis fahren. Im Frühjahr und Herbst, wenn das Eis zu dünn für die Autos und zu dick für die Fähre ist, sitzt man fest. Dann hilft nur noch, Tierschädel, Wodkaflaschen oder ein paar Rubel an einem der überall auf Olchon stehenden Schamanenpfählen zu opfern und auf bessere Zeiten zu hoffen.

Für uns als Besucher der Insel war das geruhsame Leben im Dorf, die menschenleeren Landschaften und die Ruhe, die der riesige Baikalsee ausstrahlte, aber genau richtig. Wir verbrachten eine wunderbar entspannte Woche. Eine Jeeptour führte uns über abenteuerliche „Strassen“ zur Nordspitze der Insel (Kap Choboi) und gigantischen Felsformationen. An einem anderen Tag liehen wir uns Mountainbikes aus und überquerten auf eigene Faust die Insel: eine Tour über Stock und Stein und bei der etliche Höhenmeter überwunden werden mussten, aber das Picknick mit geräuchertem Omul (eine im Baikal heimische Lachsart) an einem einsamen Strand auf der anderen Inselseite, bei dem wir Robben beobachten konnten, war fast schon magisch.
Zwischen den Outdooraktivitäten blieben genug Tage zum Auspannen, zum Lesen und Träumen auf Felsvorsprüngen hoch über dem See, oder um sich in der holzbefeuerten „Banja“, der russischen Version einer Sauna, wieder aufzuwärmen von einem Bad im eiskalten Baikal.
Nun sind wir wieder zurückgekehrt in die Zivilisation, der Rückweg nach Irkutsk diesmal nur unterbrochen von einem platten Reifen.

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