Am Morgen des 24. September 1944 starten 24 „Helldiver“ Bomber der US Navy eskortiert von 96 „Hellcat“ Kampfflugzeugen von der USS Lexington aus in Richtung der Inselgruppe Calamian. Sie vermuten dort das Versteck einer der größten Nachschubflotten der Japaner im zweiten Weltkrieg. Die Bomber finden und versenken insgesamt 12 japanische Schiffe, darunter Frachter, Öltanker, U-Boot-Jäger und ein Flugzeugmutterschiff. Die japanischen Schiffe lagen der Tarnung wegen im Schatten der Vulkaninseln vor Anker und sanken in Tiefen von nur 5 bis 40 m – ideal für Hobbytaucher. Heute ist die Bucht von Coron mit den umliegenden Inseln die weltbeste Adresse zum Wracktauchen.
Nach den teils stürmischen Tagen auf Boracay sind wir über Manila nach Palawan weitergeflogen (direkte Fähren oder Flüge gibt es keine). In diesem westlichsten Teil der Philippinen waren wir auf der Suche nach schönen Stränden, kleinen Inseln und den japanischen Wracks. Nach der Ankunft in der Provinzhauptstadt Puerto Princesa gings nach Sabang, wo wir den unterirdischen Fluss entlang gepaddelt sind. Dann gings auf dem Dach eines Überlandbusses weiter nach El Nido, einem kleinen Fischer- und Touristenort im Inselparadies des Bacuit Archipels. Das Archipel ist eine Karstlandschaft mit zahllosen spitzen Kegeln, ähnlich der im chinesischen Guilin, nur vom Meerwasser umspült. Bacuit besteht aus dutzenden kleinen bis kleinsten extrem bergigen Inseln mit imposanten Steilküsten, traumhaften verborgenen Buchten und bunten Riffen im türkisen Wasser. Mal paddelten wir mit einem Kayak zu einsamen Stränden mit Robinson-Crusoe-Feeling, mal schipperten wir mit einer Bangka, dem typisch philippinischen Auslegerboot, durch die paradiesische Inselwelt.
Unsere erste philippinische Fähre (ein hölzernes Frachtschiff mit matratzenlosen Holzpritschen als ‚Betten‘, Fenstern ohne Scheiben und beladen mit lebenden Schweinen) brachte uns über Nacht von El Nido nach Coron, wo wir nach einem Erholungstag auf Tauchfühlung mit den japanischen Unterwasserriesen gingen.
Unser erstes Ziel war die Olympia Maru, ein 127 Meter langer Frachter der – vermutlich in Europa gebaut – von den Japanern gekapert und als Versorgungsschiff verwendet wurde. Sie liegt in 30 Metern Tiefe und ist fast senkrecht stehen geblieben, die acht hohen Masten reichen teilweise bis rund 10 Meter unter die Wasseroberfläche. Die Masten sind der erste Teil des Wracks den man beim Abtauchen an der Ankerleine sieht. Der Bug ist übersät mit Korallen, die mit den umherziehenden Schwärme von Gelbflossenmakrelen und Thunfischen um die Aufmerksamkeit der wenigen Taucher kämpfen. Die vier großen, nach oben hin offenen Ladeluken machen ein Vordringen ins Innere des Wracks auch für „neue Taucher“ möglich. Und so schwammen Julia und ich mit Lampen bewaffnet hinter unserem Tauchmaster her ins Innere des Schiffes.
Das zweite Wrack, die Morazan Maru, ist umgekippt und die nach oben gewandte Seite ist komplett überzogen von unterschiedlichsten Korallen in der Form von Vulkanen, riesigen Blättern oder Kraken. Im Innern des Wracks kann man noch zwei riesige Boiler sehen und Kohlebriketts auf denen man sogar noch den Hersteller lesen kann (Kaolin). Durch ein großes Explosionsloch in der Seitenwand des Schiffes fällt ein Lichtstrahl in diese andersartige Unterwasserwelt.
Der letzte Tauchgang des Tages ist am Osttanggat Schnellboot, einem kleinen Anti-U-Boot Kampfschiff, dessen Brüstung am Bug in nur sechs Metern Tiefe liegt und schon von der Wasseroberfläche aus sichtbar ist. Im Innern kann man noch ein Unterwasserperiskop erkennen, mit dem man vom Schiff aus nach feindlichen U-Booten Ausschau halten konnte.
Unsere ersten gemeinsamen Tauchgänge zu den japanischen Wracks haben uns beide unglaublich fasziniert: Die ruhige, langsame und wunderschöne Unterwasserwelt, die in diesem Fall von großen Dramen der Vergangenheit berichtet.
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