Das Risiko bei einem Verkehrunfall auf Australiens Straßen ums Leben zu kommen, ist ungleich höher als mit einem der gefährlichen oder giftigen Tiere unangenehme Bekanntschaft zu machen. Trotzdem können einem manche Dinge hier anfänglich etwas Respekt einflößen…
An der Nordostküste gibt es in den Sommermonaten sogenannte Würfelquallen oder ‚Stingers‘. Das sind viereckige transparente Quallen mit meterlangen Tentaklen, die von Veranstaltern von Abenteuertouren gerne ‚die giftigsten Lebenwesen der Welt‘ genannt werden. Berührung mit den Tentakeln kann neben brandähnlichen Wunden zu Lähmungen führen, so dass Menschen nach Begegnung mit den Quallen ertrunken sind, bevor sie überhaupt bis zum Strand gekommen sind. Die Quallen kommen hauptsächlich in Küstennähe vor, deswegen kann man an den meisten Stränden in Queensland nur innerhalb von Netzen schwimmen, die die Schwimmer von den tödlichen Quallen trennen sollen. Tauchen am Great Barrier Reef ist relativ sicher was diese Quallen angeht. Trotzdem war es mir weit wohler mit ‚Stinger-Suit‘ zu tauchen, der mit Kapuze und Handschuhen wirklich nur das Gesicht als Angriffsfläche freiläßt.
Neben den Quallen warnen in Queensland an den meisten Flüssen und Mündungen Schilder vor Krokodilen. Auf dem Campingplatz in Cairns trafen wir Herbie, Australier und begeisterter Angler. Er erzählte uns, wie er letzte Nacht beim Angeln wieder mal ein Krokodil, das von seinen Ködern angelockt wurde, mit Steinen verscheuchen musste. Man könnte meinen es sei Anglerlatein, aber Herbie hatte Videos auf seinem Handy zum Beweis. Im Zweifelsfall würde er sich mit seiner Kettensäge verteidigen, die er auf dem Dach seines Jeeps immer mit dabei hat. Er gab uns auch einige gute Ratschläge, wie zum Beispiel dass wir auf jeden Fall Zickzack laufen sollen, falls uns ein Krokodil verfolgt. Wir schrieben es uns als Überlebenstip #23 hinter die Ohren. Zu unserer Beruhigung sagte Herbie aber auch dass ‚ein durschnittlicher Mensch schneller rennen kann als ein Krokodil‘.
Eines Abends, irgendwo entlang der Ostküste, beschlossen wir zur Abwechslung wild zu campen. Auf der Suche nach einem geeigneten Plätzchen wurden wir neben Zuckerrohrfeldern hinter einem kleinen Dorf fündig. Bandicoots, kleine Beuteltiere die wie eine Mischung zwischen Ratten und Känguruhs aussehen, hüpften in unserem Scheinwerferlicht. Also schnell das Zelt aufgebaut, Abendessen gekocht, und dann… fiel mir beim Umherleuchten mit der Taschenlampe auf, dass wir unser Lager neben einem kleinen Fluss aufgeschlagen hatten. Mit dunkler Vorahnung kramte ich das Flugblatt raus, dass wir bei einer Touristeninformation bekommen hatten – Be crocwise in croc country. Niemals näher als 200m an einem Fluss campen, stand da, neben einigen anderen Grundregeln die das Überleben von Touristen in Queensland sichern sollen. Es war genug um mich für den Rest des Abends darüber nachgrübeln zu lassen, ob die Krokodile, die ich unten im Fluss vermutete, nachts bis zu unserem Zelt heraufkommen. Wenn sie uns im Schlaf überraschen, könnten wir noch nicht mal im Zickzack flüchten. Zum Glück habe ich einen so verständisvollen Ehemann, der unser Zelt nach einigem Hin und Her wieder abbaute. Und so wurde in dieser Nacht unser Auto zum improvisierten aber krokodilsicheren Wohnmobil umfunktioniert.
Am nächsten Morgen sahen wir im Hellen, dass der Fluss in Wirklichkeit eher ein Bach war und im Moment wahrscheinlich viel zu wenig Wasser führt als dass Krokodile darin leben könnten. Aber lieber einmal zu vorsichtig…
Also dann weiter die 5000 km an der Ostküste entlang – die Strasse fühlt sich doch sicherer an als die australische Wildnis.