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China in Malaysia

Posted by on 18. Januar 2012

Etwas zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Asienreise: die Chinesen. Noch interessanter als die 1.4 Milliarden Chinesen in China fanden wir die  sogenannten Überseechinesen, von denen die meisten in Südostasien leben. Über Jahrhunderte haben sie in verschiedenen Auswanderungswellen überall auf der Welt Chinatowns etabliert. Je nach Politik der einzelnen Länder sind die Überseechinesen mehr oder oft eher weniger gut integriert. Wenn man die deutsche Debatte über die Integration von Türken damit vergleicht, muss man schmunzeln.

Die Überseechinesen sind ein echtes Phänomen. In den meisten Ländern leben sie in ihren eigenen Vierteln, um die Schilder zu lesen muss man ihre Sprache können. Überall und immer wieder stellen wir fasziniert den chinesischen Einfluss auf die Küchen anderer asiatischer Länder fest. Sie bauen eigene chinesische Schulen für ihre Kinder, und sind ungemein geschäftstüchtig. In Malaysia gibt es ca. 23% chinesischstämmige Malaiien, die jedoch manchen Schätzungen zufolge fast 90% der Einkommenssteuer zahlen. In den Philippinen gibt es nur 1% Chinesen, die rund 40% der philippinischen Wirtschaft kontrollieren, und auch in Indonesien dominieren die Überseechinesen geschätzte 70% der Privatwirtschaft, stellen aber nur rund 3% der Bevölkerung. Offizielle Zahlen sind unter anderem deshalb schwer zu finden, weil solche Statistiken sozialer Sprengstoff sein können. Antichinesische Sentiments sind in vielen südostasiatischen Ländern an der Tagesordnung; manchmal, wie 1998 in Indonesien, passiert auch viel Schlimmeres. Nichtsdestotrotz ist China auf dem Vormarsch – weltweit. Wie wir schon mit eigenen Augen vor ein paar Jahren auf unser Reise durch Tansania sehen konnten, bauen „die Chinesen“ seit neuestem Strassen in Afrika. Dort sichern sie sich dadurch zum Beispiel Vorrechte am Abbau von Bodenschätzen.

Aber ich schweife ab, eigentlich wollte ich doch von Ipoh, einer Stadt im Norden Malaysias, erzählen. Dort stellen die Chinesen 70% der Bevölkerung. Wenn man hier ankommt, scheint China nicht mehr weit. Die Schilder, das Essen, unser Hotel – alles chinesisch. Die Landschaft hier ist geprägt von Kalksteinfelsen, selbst die erinnerten uns ironischerweise an Yangshuo in China. Dort wie hier haben die Chinesen buddhistische Tempel in Felshöhlen errichtet. Wenn man an den Bergen entlangfährt, klebt ein Eingangstor neben dem anderen an den Felswänden. Die Decken der Höhlentempel sind rußgeschwärzt von all den Weihrauchspiralen, die die Gläubigen in rauhen Mengen abbrennen. Wilde Affen klettern auf den Tempeldächern und chinesische Wassergärten mit riesigen Koikarpfen zieren die Eingangsportale. Besonders verwunschen wirkt der ‚Innenhof‘ des Sam Poh Tong Tempels, durch den man durch den Hinterausgang der Höhle gelangt. Plötzlich steht man in einem vulkankraterartigen Schlund, die Felswände streben senkrecht nach oben, und in der Ecke gibt es einen Teich. Als Glücksbringer lassen die Gläubigen hier Schildkröten frei – das ist doch mal was anderes als Münzen in Brunnen zu werfen. Angeblich ist das Aussetzen von Schildkröten im Moment untersagt, da der Teich renoviert werden soll. Allerdings sah das Schild weder besonders aktuell aus, noch kümmern sich die Chinesen drum. Im Schildkrötenteich war es genauso voll wie im durchschnittlichen Chinatown, nur dass dort die Schildkröten eher in der Suppe serviert werden und dann vielleicht etwas weniger Glück bringen.

Sprichwörtlich ist das Glück ja mit dem Tüchtigen, und dazu zählen die Chinesen auf jeden Fall. In Malaysia jedoch haben sie es nicht immer einfach. Während der Kolonialzeit haben die Briten viele indische und chinesische Arbeitskräfte ins Land geholt, zusätzlich zu den chinesischen Händlern die schon viel früher in Malaysia ansässig geworden sind. Alle diese Völkergruppen nennen inzwischen Malaysia ihr zuhause – und mehr als 50 Jahre nach der Unabhängigkeit ist die Frage, wer ein echter Malaie ist und wer nicht, im Vielvölkerstaat immer noch kompliziert und politisch höchst aufgeladen. Im Moment sind ‚echte‘ Malaien, die sog. Bumiputras, per Legislatur definiert als Muslime, die malaiische Gebräuche und Traditionen praktizieren. Für die Orang Asli, die Ureinwohner-Stämme die es in manchen Gegenden noch gibt, wird eine Ausnahme gemacht, auch sie zählen zu den echten Malaien. Die Chinesen, auch wenn sie schon seit Generationen in Malaysia leben, werden in ihren malaiischen Pässen als chinesischstämmig ausgewiesen. Die Bumiputras haben Angst dass ‚ihr‘ Land von den chinesischstämmigen Malaiien übernommen wird – wenn man sich die weiter oben zitierte Statistik ansieht weiß man wieso. Sie wollen kein China in Malaysia. Deswegen gibt es Gesetze, die sicherstellen sollen, dass diese ‚echten Malaien‘ auch weiterhin das Sagen haben. Malaiische Parlamentarier mit chinesischer Abstammung dürfen unter anderem keine Debatte über die bevorzugte Stellung der Bumiputras im malaiischen Staat anstiften.
Zugegebenermaßen ist die Lage der Dinge mehr als kompliziert, aber was demokratische Grundregeln angeht liegt doch einiges im Argen im Königreich mit dem gewählten König.  Die Malaiien mit den chinesischen Stempeln im Pass jedenfalls dominieren das Land gesellschaftlich und wirtschaftlich, und man darf gespannt sein wie Malaysia in der Zukunft mit diesem Thema umgeht.  Aus deutscher Perspektive könnte man fast sagen, dass bei uns am Ende alles nicht ganz so kompliziert ist.

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