Früher gründete sich der Wohlstand der Scheichtümer im arabischen Golf auf den Handel mit Perlen. Die Perlentaucher wurden fast über Nacht arbeitslos, als es den Japanern Ende des 19. Jahrhunderts gelang, Perlen künstlich zu züchten. Doch die Stunde der Emirate sollte erst noch kommen. Als in den sechziger Jahren riesige Ölvorkommen in Abu Dhabi und den anderen Scheichtümern entdeckt wurden, floss das Geld schon bald in Strömen. In Folge des neuen Reichtums der Scheichtümer wurde der britische Einfluss im Golf immer geringer, und 1971 schlossen sich sieben der Scheichtümer zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zusammen.
Der Wandel, der sich speziell in Dubai in den letzten 40 Jahren vollzogen hat, ist schier unbegreiflich. Im Beit al-Maktoum, einem Museum im ‚alten Dubai‘, zeigt eine eindrückliche Fotoausstellung, wie wenig die heutige Stadt mit der damaligen Fischer- und Perlentauchersiedlung am Dubai Creek zu tun hat. Die traditionellen Häuser der arabischen Elite mit ihren charakteristischen Windtürmen, einer Art natürlichen Klimaanlage, sieht man nur noch in der als Open-Air-Museum angelegten Altstadt. Das heutige Dubai besteht aus endlosen Wolkenkratzern, glitzernden Fassaden, Luxushotels und einer riesigen Shoppingmall neben der anderen. Mit Attraktionen wie der größten Skihalle der Welt, der Jumeira-Palm, einer künstlichen Insel in Form einer Palme, und dem höchsten Gebäude der Welt, dem Burj Khalifa – alles gebaut mit der billigen Arbeitskraft tausender Inder, Pakistanis und Filipinos – hat es Mohammed Bin Zayed, der Scheich des Emirats Dubai, geschafft, die Stadt Dubai international so bekannt zu machen, dass sie viele fälschlicherweise für die Hauptstadt der VAE halten. Die Scheichs benennen hier gerne alles nach sich selbst. Sheikh Zayed Road heisst Dubais Hauptverkehrsader, und man findet unzählige Gebäude, Parks, Stadtteile, Moscheen, Schulen und andere Einrichtungen, die den Namen Zayed tragen. Warum heisst nun das welthöchste Gebäude nicht nach ihm? Nach der Finanzkrise war Dubai fast pleite, und das als Burj (arabisch für Turm) Dubai geplante Riesenhochhaus drohte ein finanzielles Desaster zu werden. Mohammed Bin Khalifa, Staatsoberhaupt der VAE und Scheich des Emirats Abu Dhabi, kam zu Hilfe, unter der Bedingung, dass das Bauwerk unter seinem Namen in den Himmel ragt. Und so trohnt der über 800m hohe Wolkenkratzer nun als Burj Khalifa über der Skyline von Dubai. Obwohl man sich an den alttestamentarischen Turmbau zu Babel erinnert fühlt und das Gebäude eine gewisse Hybris ausstrahlt, wirkt der Burj Khalifa unglaublich leicht und elegant, und wir waren uns einig, dass es architektonisch eines der schönsten und beeindruckendsten zeitgenössischen Gebäude war, das wir auf dieser Reise besichtigt haben.
So faszinierend Dubai ist, so wirkte es insgesamt zu künstlich auf mich. Irgendwie hatte ich manchmal eher das Gefühl, mich in einem überdimensionierten Vergnügungspark aufzuhalten als in einer Stadt. Die brandneue Metrotrasse, die größtenteils überirdisch verläuft, mit ihren raumschiffartigen Stationen, übernimmt dabei den Part der Monorail-Bahn, die einen von einer Attraktion zur nächsten bringt. Aber genau das ist Teils des Konzepts: Die Ölreserven gehen zur Neige, und die Emirate versuchen ihre Wirtschaft weitsichtig zu diversifizieren – Dubai setzt dabei auf Tourismus. Es scheint der Ölscheich sieht seine Zukunft als Chef von Disneyland. Bis das Öl alle ist, gehört auch das Nationalhobby „Dune Bashing“ zu den Attraktionen im Park. Aber vielleicht kann man in Zukunft mit Elektroautos statt mit Hummern und Landrovern die Dünen hoch und runterfahren.