Die kleinen friedlichen Städtchen in Laos, die wunderschöne Berglandschaft und die entspannt bis faulen Laoten lassen den Kurzbesucher nicht erahnen, dass es sich bei Laos um eines der am heftigsten bombardierten Länder der Welt handelt. Auch uns wurde das erst bewusst als wir in dem kleinen Städtchen Vientiane, das nebenbei die Hauptstadt darstellt, nach Sehenswürdigkeiten suchten. Wir lasen über COPE, eine zum Großteil aus dem Ausland finanzierte Organisation, die versucht die medizinischen und psychologischen Spätfolgen der Bombardierungen zu lindern.
Die Amerikaner haben zwischen 1966 und 1972 mehrere Millionen Bomben über Laos abgeworfen – am Anfang geheim (Operation Menu), nach Bekanntwerden dann unter wachsender öffentlicher Kritik. Hauptziel der Bombardierungen waren die Nachschubrouten der nordvietnamesischen Volksarmee, der sogenannte Ho Chi Minh Trail. Experten schätzen, dass ein Drittel der Sprengkörper nicht explodiert sind – im Englischen „unexploded ordnance“ oder kurz UXO – und nun als Landminen in den Wäldern von Laos herumliegen. Regelmäßig sammeln ahnungslose Kinder oder geldgierige Eisenhändler die Blindgänger ein und immer wieder gehen manche davon hoch.
Problematisch dabei ist auch, dass ein Großteil der Munition Streubomben waren, Munition also, bei der eine Bombe vor dem Auftreffen auf dem Boden hunderte kleinerer Sprengkörper in der ganzen Region verteilt. So stellen sie auch Jahrzente nach dem Konflikt noch eine große Gefahr insbesondere für die Zivilbevölkerung dar und viele Völkerrechtler sind daher der Ansicht sie verstoßen gegen die Genfer Konventionen. Den Vertrag zum Bann von Streubomben haben die USA übrigens bis heute nicht unterschrieben.
COPE hilft den Betroffenen mit Gesprächen, Prothesen und neuer Hoffnung. Die innerhalb des laotischen Gesundheitsministeriums ansässige Organisation zeigt Videos zur Problematik, einige interessante Ausstellungsstücke sowie Merchandise, dessen Gewinne den Opfern zu Gute kommen. Der Eintritt ist übrigens kostenlos.
Wer helfen möchte kann spenden (z.B. ein „Bein kaufen„), dem Problem und der Organisation zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen (Freunden emailen, twittern, die Seite bei facebook befreunden, usw) oder natürlich beim nächsten Urlaub in Vientiane bei Cope vorbeischauen. Zum Thema Streubomben gibt es auch beim Internationalen Roten Kreuz weitere Informationen.
Bei unserem Besuch haben wir die Schweizerin Conny Fuchs getroffen, die seit einem Jahr das Besucherzentrum leitet, und ihr ein paar Fragen gestellt:
Wann haben Sie zum ersten Mal vom Problem der UXO in Laos gehört?
Als ich mich etwas eingelesen hatte vor ich nach Laos abreiste lernte ich erst davon, dass in Laos waehrend dem Vietnam-Krieg heftiger bombardiert wurde als Vietnam, und dass viele Bomben nicht explodiert waren. Aber das Ausmaß und die veheerenden Folgen wurden mir erst bewusst, als ich erstmals als Tourist das COPE Visitor Centre besuchte.
Was hat sie dazu bewogen diese Stelle anzunehmen?
Ich war bereits in Laos und kannte COPE. Ich las die Stellenausschreibung „Public Relations Mentor COPE“ und dachte mir gleich, das muss meine Stelle sein. Mein Background in Kommunikation und Tourismus passte perfekt, aber insbesondere hat mich COPE als Organisation enorm angesprochen. Und die Kombination, einerseits Kommunikation für eine Organisation zu übernehmen, die enorm viel Gutes tut für behinderte, mittellose Menschen, und andererseits das Besucherzentrum mit einer dermaßen informativen und ergreifenden Ausstellung zu leiten sprach mich gleich an.
Das Merchandise von COPE zeichnet sich durch einen sehr humorvollen bis leicht morbiden Umgang mit Verletzungen wie Amputationen aus. War das ihre Idee?
Die Grundidee und viele Produkte existierten schon seit Eröffnung des Besucherzentrums vor etwas mehr als 3 Jahren. Ich hatte das Merchandising lediglich leicht ausgebaut und ein neues T-Shirt Modell aus meiner eigenen Design-Küche eingebracht – „Evolution“ – was heute der Topseller ist. Es ist uns wichtig, dass der Umgang mit der UXO Thematik und Prothesen kein Tabu ist. Mit humorvollem und „leicht morbidem“ Merchandising kann man das Tabu brechen, alle Leute sollen darüber sprechen. Zudem ist die Thematik kein Grund auf Humor zu verzichten, denn das Positive an unserer Arbeit bei COPE ist ja dass wir Opfern von Streubomben helfen, wieder glücklich zu werden.
Was waren die größten Erfolge ihrer bisher Tätigkeit hier?
Meine größten Erfolge sind vielschichtig. Über alles gesehen freut es mich enorm, dass die Anzahl Besucher im Visitor Centre in den letzten Monaten massiv gestiegen ist, und somit die UXO-Thematik aus Laos in die Welt hinausgetragen wird. Entsprechend steigen auch die Spendeneinnahmen, was uns ermöglicht, noch mehr behinderte Menschen zu behandeln und noch mehr Prothesen herzustellen. Als große Erfolge bezeichne ich auch viele bewegende Momente, die mir eine unglaublichen Befriedigung geben.
Da kommt mir spontan der Protagonist aus unserem neuen COPE Image Video in den Sinn, Mr. Bang. Er war ein Opfer eines Blindgängers (Streubombe) und verlor ein Bein, dank COPE fand er wieder zurück zu einem glücklichen, „normalen“ Leben. Wir hatten Mr. Bang nach Vientiane eingeladen, um Teil des Filmes zu sein. Da kam er nach einer 12-stündigen Busreise von der Provinz im Visitor Centre an, müde, ausgehungert und enorm schüchtern. Ich hatte ihn mit meinem Motorrad durch die Stadt gefahren, erst zu seinem Guesthouse und dann in ein Restaurant. Ich hatte ihn während den weiteren 4 Drehtagen betreut und etwas besser kennengelernt, und miterlebt wie er langsam aus sich herauskam und aus einem verschmitzten Lächeln ein strahlendes Lachen wurde. Das Video kann man auf Youtube anschauen.
Ein weiterer unglaublich bewegender Moment, oder besser gesagt eine bewegende Zeit, war eine 7-tägige Bildungsreise mit meinem Team nach Xieng Khoang und Huaphan, die meist betroffenen Provinzen in Laos. Das war eine einmalige Chance während der Renovierung des Visitor Centres dem Team die UXO Problematik aus erster Hand näherzubringen, um auch qualitativ hochstehende Touren im Besucherzentrum geben zu können. Wir waren vor Ort mit einer UXO Clearance Organisation „MAG“ unterwegs und haben hautnah miterlebt, wie stark die Gebiete verseucht sind, selbst in Dörfern. Im ersten Projektgebiet das wir besuchten, waren nur rote Flaggen zu sehen, direkt hinter dem Dorf an einem bewaldeten Hang. Rot heisst, Bombie gefunden und bereit zur Sprengung. Es waren deren 84 auf einer Fläche in etwa so klein wie ein Tennisplatz. Wir waren bei diversen kontrollierten Sprengungen dabei, und bei jeder Detonation lief es mir kalt den Rücken hinunter. Gleichzeitig eine unglaubliche Freude, die strahlenden Gesichter der Dorfbewohner nach den Sprengungen zu sehen.
Es gäbe unzählige weitere ergreifende Momente aufzuzeigen. Abschliessend noch, es ist immer bewegend, wenn unsere Besucher zu unserer Arbeit gratulieren, sichtbar bewegt sind und froh sind, einen vertieften Einblick in Laos erhalten zu haben. Auch mein hochmotiviertes Team trägt immer wieder zu ergreifenden Momenten hinzu, insbesondere seit den letzten Wochen da sie ständig erwähnen, mich nicht gehen lassen zu wollen. Mein Vertrag endet leider anfangs April.
Ist es Zufall, dass hier wieder mal Amerikaner Chaos produziert haben, aber es Schweizer sind die nun aufräumen?
Naja, ich räume ja nicht gerade auf:-) Es ist ein Zufall, dass ich als Schweizerin bei COPE arbeite. Mein Salär kommt nicht aus der Kasse der Schweizer Entwicklungshilfe sondern aus einem Projekt von AUSaid (Australien). Die Schweizer unterstützen jedoch finanziell den UXO Sektor in Laos maßgebend, wenn ich es richtig im Kopf habe sind sie gleich nach Deutschland die Nummer 6 unter den Geldgebern. Die USA sind nicht untätig, sie sind der größte Geldgeber für den UXO-Sektor.
Sie sind selbst viel in Südostadien herumgereist seit sie in Vientiane leben – was waren ihre Lieblingsreiseziele?
Da müsste ich eigentlich sagen Laos, ja? Ja natürlich ist mir Laos enorm ans Herz gewachsen, und ich habe einige Regionen bereist. Ausserhalb von Laos, schwer zu sagen. Ich habe in Südostasien sehr viel Schönes erlebt und gesehen. Die eindrückliste Reise war vielleicht Myanmar, eine völlig andere Welt, die irgendwie nicht zu Südostasien gehoert. Als Städte haben mich Hanoi und Yogjakarta enorm fasziniert. Als Leute sind mir Kambodschaner und insbesondere Indonesier unglaublich sympathisch.
Was wollen sie hier noch erreichen und wohin geht es danach?
Etwas Schönes in Laos ist es, keine Pläne zu haben:-) Mein Vertrag endet anfangs April. Im Mai gehts für ein paar Wochen auf eine Indonesien-Reise, anschließend nachhause in die Schweiz. Das sind die Pläne, und was das Leben dann bringt steht in den Sternen.
Vielen Dank Conny Fuchs von COPE Laos für die interessanten Antworten!
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